Patienten mit Mikrotie und Atresie haben normalerweise ein intaktes Innenohr. Aufgrund der Fehlbildung kommt es zu einer reinen Schallleitungsschwerhörigkeit, wobei der Hörverlust etwa 60 bis 70 dB beziehungsweise 75% beträgt.
Sind beide Ohren fehlgebildet, sind häufig die Sprachentwicklung und allgemeine Reifung der Kinder hochgradig eingeschränkt. Ab dem 2. bis 4. Lebensjahr benötigen sie daher eine definitive Hörrehabilitation, nachdem sie in den ersten Lebensjahren ein Stirnbandhörgerät getragen haben.
Auch bei den einseitigen Fehlbildungen empfehlen wir eine frühzeitige definitive Hörrehabilitation, um das Richtungshören und ein echtes beidohriges Hören zu ermöglichen. Das beidohrige Hören ermöglicht ein gutes Sprachverstehen auch in schwierigen Hörsituationen, wie zum Beispiel Klassenräumen.
Welche Therapie für eine Patientin oder einen Patienten geeignet ist, entscheiden wir erst nach umfangreicher Untersuchung und ausführlicher Beratung.
Mittelohrrekonstruktion
Sind günstige anatomische Voraussetzungen gegeben, kann man den Gehörgang erweitern und das Trommelfell sowie das Mittelohr rekonstruieren. Zum Einsatz kommen dabei körpereigene Materialien sowie Titanimplantate. Damit wird die unterbrochene Schallübertragung wiederhergestellt. Die anatomischen Voraussetzungen werden durch eine Computertomographie überprüft. Günstige Voraussetzungen sind unter anderem ein vorhandener, wenn auch verengter, Gehörgang mit fehlgebildetem Mittelohr. Echte, vollständige Gehörgangverschlüsse lassen sich ebenfalls rekonstruieren. Die Ergebnisse sind hier jedoch langfristig oft sehr unbefriedigend.
Knochenleitungshörgeräte
Gemeinsam ist allen Knochenleitungshörgeräten, dass sie den Schall in Vibrationen umwandeln (mit einem sogenannten Signalwandler) und diese an den Schädelknochen abgeben. Der Schädelknochen überträgt die Vibrationen dann an das intakte Innenohr. Die Schallübertragung erfolgt immer an beide Ohren, daher ist beispielsweise das Richtungshören nicht wie bei echtem beidohrigen Hören möglich.
Die Hörgeräte lassen sich durch ihren technischen Aufbau in verschiedene Gruppen einteilen. Der operative Aufwand ist bei allen Implantaten gering.
1. Gruppe (z.B. COCHLEAR Baha®, OTICON Ponto®)
Das Hörgerät befindet sich mit dem Signalwandler außerhalb des Körpers und koppelt mit einer starren Kupplung an den Schädelknochen an.
2. Gruppe (z.B. COCHLEAR Baha Attract®, MEDTRONIC SOPHONO Alpha®)
Das Hörgerät befindet sich mit dem Signalwandler ebenfalls außerhalb des Körpers. Die Vibrationsübertragung erfolgt allerdings mittels zweier Magneten durch die intakte Haut.
3. Gruppe (z.B. MED-EL Bonebridge®)
Nur das Hörgerät befindet sich außerhalb des Körpers. Das Signal wird an den im Schädelknochen implantierten Signalwandler abgegeben. Dieser wandelt es direkt dort in Vibrationen um.
Aktive Mittelohrimplantate
Das aktive Mittelohrimplantat wird als besonders hochwertig angesehen. Die Voraussetzung für eine Implantation hängt jedoch von der Schwere der Fehlbildung und vom Alter der Patientin oder des Patienten ab.
Aktive Mittelohrimplantate übertragen den Schall direkt an das intakte Innenohr. Sie koppeln dazu beispielsweise am Steigbügel an, dem innersten Gehörknöchelchen. Damit wird der Schall nur an das Ohr der betroffenen Seite abgegeben und ein echtes beidohriges Hören ist möglich.
Aktive Mittelohrimplantate bestehen aus einem externen Hörgerät, welches ein Signal an den implantierten Signalwandler abgibt. Dieser ist so klein, dass er im fehlgebildetem Mittelohr Platz findet (z.B. MED-EL Vibrant Soundbridge®).